Predigt anläßlich der Beerdigung von Prior Gottfried am 13. August 2007, 14.00 Uhr

von Abt Albert OPraem 

Liebe Familie Menne, Exzellenzen, lieber Bischof Hubert Luthe, lieber Bischof Leo Nowak, lieber Generalabt Thomas, ....liebe Mitschwestern und Mitbrüder, liebe Freunde unseres verstorbenen Mitbruders, liebe Gemeindemitglieder aus Magdeburg, aus Cappenberg und Hamborn, liebe Schwestern und Brüder im auferstandenen Herrn Jesus Christus!

Für unsere Klostergemeinschaft, für die Familienangehörigen, für seine „erste" und seine „zweite" Familie, für die vielen heute hier Anwesenden und auch viele, die in Gedanken und Gebeten in dieser Stunde und in diesen Tagen mit uns verbunden sind, ist dies ein sehr trauriger Tag. In vielen Briefen und persönlichen Beileidsbekundungen aus aller Welt haben dies Mitschwestern und Mitbrüder unseres Ordens, u.a. Generalabt emeritus Hermenegild Noyens und viele Freunde Gottfrieds und unserer Gemeinschaft in den letzten Tagen zum Ausdruck gebracht. Nach menschlichem Ermessen und Empfinden ist Gottfried viel zu früh gestorben. Zunehmend hilfloser mussten wir in den zurückliegenden acht Monaten mit ansehen, wie eine gemeine Krankheit einen großen Geist nach und nach zerstört hat, wie ein gutes Herz schließlich aufgehört hat, zu schlagen.

Und es gibt doch noch so vieles, was er hätte tun können, so viele Menschen und Aufgaben, die ihm anvertraut waren. Wir werden ihn sehr vermissen. Und was dieser Satz in seiner ganzen Tragweite bedeutet, werden wir wohl erst in der jetzt vor uns liegenden Zeit - ohne Gottfried - erfahren und begreifen.

Aber im Vordergrund dieses Requiems, dieser Feier der österlichen Geheimnisse soll nicht unsere Trauer, unser Schmerz oder gar unser innerer Protest stehen, sondern das Geheimnis unserer Erlösung und die tiefe Dankbarkeit für sein Leben, für das Leben von Gottfried Reinhold Menne. Und dieser Dank gilt dem allmächtigen Gott.

Am 28. August dieses Jahres 2007 ist es vierzig Jahre her, dass Reinhold Menne das Ordenskleid unserer Gemeinschaft anlegte und den Ordensnamen Gottfried erhielt. In den frühen Januartagen des Jahres 1967 war er zum ersten Mal hier in Hamborn. An diesem Tag hatte ihn Abt Florian Pröll zu einem ersten Treffen gebeten. Es war der Begräbnistag des ersten Prälaten und regierenden Priors unserer Gemeinschaft, Bernhard Meier. Neben ihm wird Gottfried heute im Kreuzganginnenhof begraben, als der erste gewählte Prälat des wiedererrichteten Prämonstratenser-Klosters. Gottfried selbst hat beim Begräbnis unseres Mitbruders Isfried Liebermann, ebenfalls draußen in unserem Kreuzgang, in der Predigt gesagt, dass wir, der Prämonstratenser-Konvent von Hamborn mit dieser Grablege unsere Wurzeln noch tiefer in den Hamborner Boden schlagen und eingraben, das Leben der Abteigemeinschaft noch fester mit dem Ort unserer Profess verbinden.

Dabei war es nicht einfach die Wahl eines Ortes, die ihn ins Kloster führte, sondern die ganz konkrete Gemeinschaft der Prämonstratenser, die er in Schlägl und Hamborn kennen gelernt hatte.

Gottfried schrieb damals in seinem Aufnahme-Gesuch: „Die neben der Schule wirklich entscheidende Bereicherung empfing ich durch meine Zugehörigkeit zum Bund Neudeutschland. Hier durfte ich während acht Jahren beim Aufbau meiner Gruppe als Gruppenkanzler und Fähnleinführer mithelfen. Von Bund und Gruppe wohl beeinflusst ist mein Entschluss, Theologie zu studieren und das Priesteramt anzustreben."

Die Prägung, die Gottfried in den hier in seinem damaligen Gesuch benannten acht Jahren im Bund Neudeutschland erhielt, sollte ein Leben lang bleiben. In einer Gemeinschaft von Gleichgesonnenen, die in geistlicher Freundschaft miteinander verbunden sind, bei aller Verschiedenheit nach Herkunft, Charakter, Persönlichkeit und Begabungen, in diese Welt eine Veränderung zum Guten im Geiste Christi hineinzutragen, das durchzog sein Leben und Wirken als Ordensmann und Oberer unserer Gemeinschaft, das prägte auch sein seelsorgliches Wirken - und dabei denke ich ganz besonders an die wunderbaren Jahre, in denen wir Jugendliche mit ihm auf Fahrt und Wanderschaft gehen durften. Das ist alles sehr lange her, aber es hat viele von uns nachhaltig und bis heute geprägt. Es war während eines Zeltlagers mit Gottfried, in dem ich zum ersten Mal den Gedanken ernsthaft erwogen habe, seinen Weg als Ordensmann und Priester und dies selbstverständlich als Prämonstratenser auch selbst zu gehen. Und es ist vielen bekannt, dass ich da keineswegs der einzige bin.

Von Hause aus war uns die geistige Weite des Katholizismus vertraut. Gottfried lenkte unsere Blicke weiter in die wissenschaftliche Auseinandersetzung in den theologischen Disziplinen. Sein Religionsunterricht in der Oberstufe bis zum Abitur war eine geradezu ideale Vorbereitung auf das Theologie-Studium und eigentlich schon dessen Beginn. Auch geographisch weitete er unseren Blick für andere Völker und Kulturen, Christen in aller Welt, auf Wanderungen und Fahrten, die uns ins europäische Ausland führten und schließlich ganz besonders prägend in der Zusammenarbeit mit den Weißen Vätern, Bruder Rudolf, Pfarrer Peter Roth und Pater Bernard Hagen, der heute hier bei uns ist, Bischof Philipp Naameh und der Partnerschaft mit der Pfarrgemeinde „Unser guter Hirte" in Bole / Ghana. Auch daraus sind für manche von uns Beruf und Lebensentscheidung erwachsen.

Und heute gibt es engagierte Ghana-Arbeitskreise in Hamborn, Cappenberg und Magdeburg. Die Zahl und die Wirkung der bis heute durchgeführten Hilfsprojekte ist gewaltig und beeindruckend. Die vielen menschlichen Bande, die Kontinente übergreifend entstanden sind, prägen Denken und Engagement der Mitbrüder und vieler Christen in unseren Gemeinden.

Wir haben eben das Evangelium von den Emmaus-Jüngern gehört. Der auferstandene Herr begleitet, zunächst unerkannt, die fragenden, suchenden und zweifelnden und auch sicher ver-zweifelten Jünger auf ihrem Weg. Er legt Ihnen im Gespräch dar, wie sie das Erlebte im Lichte der Hl. Schrift und des Glaubens richtig und zukunftsweisend und wieder frohmachend deuten  und verstehen können. Dabei hört er ihnen zunächst geduldig zu, um dann im Gespräch ein neues, wohltuendes Licht in das Dunkel ihrer Gedanken und Empfindungen einzubringen. „Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er auf dem Weg mit uns redete?", werden sie später rückblickend sagen. Der Fußweg, die gemeinsame Wanderung, das gemeinsame Gehen auf ein Ziel hin, scheint  d e r  geeignete Ort  d a f ü r, für die seelsorgliche Begleitung von Menschen und den Jüngern Jesu zu sein.

Gottfried hat in seinem Leben viele Menschen auf ihrem Weg begleitet, manchmal abschnittweise, in schwieriger Lebenslage, manchen auch beinahe lebenslang, zumindest solange es ihm noch möglich war. Er ist seinen Weg gegangen mit den Gemeinden in Hamborn, in Cappenberg am Grab seines Namenspatrons, des Heiligen Gottfried, schließlich in Magdeburg, der letzten Wirkungsstätte des Hl. Norbert. Das waren Wegstrecken, die er mit den Gemeinden gemeinsam gegangen ist, als wortgewaltiger, angesehener und beliebter Prediger, als Ideengeber für Veränderungen und Lösungen auch verfahrenster Problemsituationen.

Es ist wahr: an ihm schieden sich auch die Geister. Mit geschliffenen Worten vertrat er klare Positionen, die auch schon einmal zum Widerspruch herausforderten. Aber ein grundsympathischer Zug an ihm war die feste Überzeugung, dass es kaum ein Problem, einen Konflikt oder eine Meinungsverschiedenheit geben kann, die sich nicht bei einem guten Essen und einem ordentlichen Wein lösen oder wenigstens entschärfen lassen. Immer wieder nahm er sich den einen oder die andere beiseite, suchte das persönliche Gespräch bei einem Spaziergang oder einem gemeinsamen Essen. Dabei stellte er sich und sein Leben nicht in den Vordergrund, darüber sprach er eher wenig, so dass etwa seine „erste" und seine „zweite Familie" - nur die Angehörigen kennen diese Sprachregelung und verstehen jetzt, was damit gemeint ist - erst in den Tagen seiner schweren Krankheit vieles über ihn bei den zahlreichen Begegnungen im Krankenhaus voneinander erfahren haben.

Sein Interesse galt dem Gegenüber und unter anderem machte ihn das zu einem gefragten Gesprächspartner und Ratgeber. Das Miteinander und die Gemeinschaft in den ihm anvertrauten Gemeinden hat er gefördert, so manchen Konflikt zu überwinden geholfen. Bezeichnend für sein Wirken ist neben anderem für mich besonders, dass die Menschen an seinen Wirkungsstätten sich mehr und mehr unserer Klostergemeinschaft verbunden fühlten, nicht nur wegen der historischen Bezüge, wie etwa in Cappenberg und Magdeburg reichlich vorhanden, sondern auch in Sympathie und Freundschaft zum Hamborner Konvent. Das ist etwas Bleibendes und sehr Schönes. Und gerade heute am Begräbnistag spüren wir, dass Gottfried und unsere Gemeinschaft für Sie und Euch mehr sind, als nur zuständige Seelsorger. Und wir danken Ihnen und Euch allen für Freundschaft und Zusammenhalt und dass Sie und Ihr heute hier seid.

Ohne Dir, lieber Generalabt Thomas vorweg greifen zu wollen, möchte ich Gottfrieds Bedeutung für unseren Orden, sowie für die Hamborner Mitbrüder und die Mitbrüder aus Indien des Stiftes Tepl-Obermedlingen würdigen.

Als Prior des Hamborner Konventes von 1985 bis 1988, als erster gewählter Prälat und regierender Prior unseres Klosters von 1988 bis 1995, als Administrator mit den Befugnissen des Prälaten für das Stift Tepl-Obermedlingen bis 1996 und seitdem als Beauftragter für die in Deutschland wirkenden Mitbrüder aus Indien dieses Stiftes, als Prior der Magdeburger Gemeinschaft seit 1996 haben wir ihn, und haben ihn viele Mitbrüder als kompetenten Ordensoberen mit hoher Führungskompetenz erlebt. Für so manchen Mitbruder war er auch Freund, väterlicher Ratgeber und Begleiter. Dabei war eines seiner vordersten Ziele, konkrete Gemeinschaft zu bilden, zu fördern und zu pflegen. Bauch- und Kopfschmerzen sind ihm dabei nicht erspart geblieben.

Eine kleine Randbemerkung: Gestern Abend stellten wir fest: Gottfried hat sich in all den Jahren bemüht, alle Hamborner Mitbrüder einmal zusammen auf ein Foto zu bringen. Es ist nie gelungen. Es fehlte immer mindestens einer. Und jetzt schauen Sie in diesen Altarraum und in diese Kirche - ausgerechnet heute hat er es geschafft. Wir sollten ein Foto anfertigen lassen.

Unter Gottfrieds Zuständigkeit ist unsere Gemeinschaft weiter gewachsen und gefestigt worden. „Sein Kind" Magdeburg hat er auf den Weg gebracht. Es ist hundertmal schade, dass er den Bau des neuen Klosters in Magdeburg nun nicht mehr erleben kann. Aber seine Spuren werden bleiben.

Als Mitglied der Finanzkommission unseres Ordens war Gottfried unermüdlich mit dem Auto unterwegs, zu unseren Schwesterngemeinschaften in Polen, zu den Mitbrüdern in Tschechien, Ungarn usw. In verfahrenen Situationen entwickelte und schnürte er Lösungskonzepte, die tragfähig waren, was ihm allerdings nicht immer gedankt wurde.

Gelingen, Bemühen und die Arbeit der Finanzkommission waren über Jahre bis heute geprägt von der persönlichen Freundschaft, die Dich, lieber Father Bob Finnegan mit Gottfried verbindet. Über diese Freundschaft bist Du zu einem Mitbruder unserer Gemeinschaft geworden und siehst uns auch als Mitbrüder Deiner Gemeinschaft der Abtei De Pere.

So hast Du es selbst in einem ersten Brief an uns nach Eintreffen der Todesnachricht am vergangenen Montag geschrieben. Und wir sehen das genauso.

In den letzten Jahren verstärkte sich der Eindruck von Gottfrieds unermüdlichem „Unterwegs-Sein". Ähnlich wie sein Vorgänger Abt Florian Pröll eine Unzahl von Kilometern für Hamborn unterwegs war, ist es kaum zu schätzen, wie viele Kilometer Gottfried für uns und für den Orden mit dem Auto zurückgelegt hat. Glücklicherweise ist er im vergangenen Jahr auch noch einmal ins Flugzeug gestiegen, um die Mitbrüder in Indien zu besuchen. Lieber Michael, liebe Mitbrüder, ich weiß, dass Ihr über diesen letzten Besuch, das gemeinsam Besprochene und Erlebte sehr froh, glücklich und dankbar seid. Auch Euch gilt heute unser Dank für das Vertrauen, das Ihr in Gottfried gesetzt habt.

Es gäbe noch viel, viel mehr über das Leben und Wirken unseres Mitbruders Gottfried zu sagen und zu bedenken. All das, was ihn mit uns und vielen Menschen verbindet, nimmt er nun mit zu Gott. Und wir danken Gott, dass wir ihn gehabt haben und dass er in seinem Namen Gutes an uns getan hat. Seine Schwächen und Fehler möge der Herr ihm vergeben. Seine Leiden möge der Herr in Freude verwandeln. Sein irdisches Leben, das einem Wallfahrtsweg ähnelt, ist nun zuende gegangen, aufgenommen in den Himmel, der über uns allen aufgehen will.

In den frühen siebziger Jahren war die alljährliche Fußwallfahrt von Hamborn nach Kevelaer auf eine kleine Schar von getreuen Fußpilgern zusammengeschrumpft. Gottfried motivierte uns Jugendliche damals im Alter von 14 Jahren und älter, mitzulaufen. Nach dem Religionsunterricht am Samstag nahm er uns mit nach Alpen, wo wir uns der Prozession anschlossen. Eine Übernachtung bei den Clemensschwestern wurde für die Jugendlichen organisiert, die Gestaltung einer Komplet, die Einbeziehung der Jugendlichen in die Gottesdienste usw.  In der Folge haben sich viele Mitbrüder unserer Gemeinschaft für die Wallfahrt stark gemacht und sich selbst beteiligt und die geistliche Bedeutung einer Wallfahrt vielen jungen Menschen vermittelt. Dass die Fußwallfahrt von Hamborn nach Kevelaer heute, auch noch über dreißig Jahre später, ein jugendliches Gesicht hat, ist Gottfrieds damaliger Initiative zu verdanken.

Der Wallfahrtsgedanke beschäftigte ihn über Jahrzehnte, auch wenn er bei den von ihm initiierten Herbstwanderungen nach Rom, nach Santiago de Compostella nicht von „Wallfahrt", sondern lieber von „Wanderung" sprechen wollte. Mit dem Pfarrer der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch sprach er noch in den letzten Wochen immer wieder über den Wallfahrtsgedanken. Sein letztes Ziel war und ist Jerusalem, die Heilige Stadt, der Ort, an dem das Heil der Welt geschehen ist. Auf Erden kann er diese Wanderung, die Wallfahrt zur Heiligen Stadt nun nicht mehr zuende führen. Aber gerade weil er uns und viele Menschen in den Jahren seines Lebens, in seinem Wirken als Priester, Ordensmann und Christ in einem direkten und im übertragenen Sinn auf die Straße nach Jerusalem geführt hat, dürfen wir getröstet sein im Glauben, dass er das Ziel erreicht hat, das himmlische Jerusalem, das von Gott her aus dem Himmel herabkommt, das für ihn und für uns ewige Heimat und Freude sein wird. „Eine große Stadt ersteht, die vom Himmel niedergeht, in die Erdenzeit. Mond und Sonne braucht sie nicht; Jesus Christus ist ihr Licht, ihre Herrlichkeit. Lass uns durch dein Tor herein und in dir geborgen sein, dass uns Gott erkennt. Lass herein, die draußen sind; Gott heißt jeden Sohn und Kind, der dich Mutter nennt. Dank dem Vater, der uns zieht durch den Geist, der in dir glüht; Dank sei Jesus Christ, der durch seines Kreuzes Kraft uns zum Gottesvolk erschafft, das unsterblich ist."

Allmächtiger Gott, nimm unseren Mitbruder Gottfried Reinhold Menne auf in die Stätte, in der Du wohnst!

(Nach einer Orgelimprovisation über das zitierte Lied - GL 642 - hat die Gemeinde das Lied: „Ihr Mächtigen ich will nicht singen..." gesungen.) 

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